Zehntklässler im Gespräch mit jüdischen Mitbürgern

Es ist neun Uhr am Morgen. Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen sitzen gespannt vor ihren Tablets im Geschichtsunterricht und warten darauf, dass die Videokonferenz mit vier Jüdinnen und Juden startet. Es ist ungewöhnlich still im Klassenzimmer. Die meisten von ihnen haben noch nie oder nur selten mit Menschen jüdischen Glaubens zu tun gehabt. Wie wird die Begegnung ablaufen, worin unterscheidet sich ihre Lebensweise von der unseren? Von welchen Erfahrungen in unserer Gesellschaft werden sie berichten?

Dies herauszufinden ist Ziel der Aktion „Meet a Jew“ vom Zentralrat der Juden unter Förderung des Familienministeriums. Jüdinnen und Juden sind Arbeitskollegen, Nachbarn, man begegnet ihnen im Bus und beim Einkaufen, doch wirklich über ihren Alltag und ihren Glauben ins Gespräch gekommen sind die wenigsten von uns. Dabei ist ein solcher Austausch gerade in der heutigen Zeit, in der der Antisemitismus zunimmt und Anschläge vor Synagogen häufiger werden, von großer Bedeutung. In persönlichen Begegnungen wird ein Einblick in die Vielfalt jüdischen Lebens gegeben. So kann das abstrakte Bild „der Juden“ aufgebrochen werden und die Menschen in unserer Gesellschaft bekommen ein Gesicht.

Die Videokonferenz startet, freundliche Gesichter jüdischer Jugendlicher lächeln die Klasse an und stellen sich vor. Aus Mannheim kommen sie und sind dort Teil der jüdischen Gemeinde. Die Schülerinnen und Schüler stellen die verschiedensten Fragen zum Leben der Juden in Deutschland, zu jüdischen Festen oder dem Alltag der Juden beim Ausleben ihres Glaubens. Nach und nach entsteht eine rege und auch sehr lustige Diskussion. Natürlich werden auch bedrückende Themen angesprochen, wie zum Beispiel die persönlichen Erfahrungen der Juden mit Antisemitismus in Deutschland oder die einzelnen Schicksale von Familienmitgliedern während des Holocausts im Deutschland des Nationalsozialismus.

Nach einer guten Stunde sind noch sehr viele Fragen übrig, die Zeit allerdings ist wie im Flug vergangen. Nach der Verabschiedung der Konferenzteilnehmer hat man stark das Gefühl, dass die Jugendlichen der Härtsfeldschule über den Austausch nachdenken. Vielleicht hat er dazu beigetragen, dass der eine oder die andere durch diese Begegnung zu Botschaftern für ein friedliches Zusammenleben ohne Fremdenhass oder Antisemitismus wird. Denn eines ist auf jeden Fall allen Schülerinnen und Schülern klar geworden: Eigentlich sind die Juden in Deutschland Menschen wie du und ich! Die Härtsfeldschule freut sich darauf, so eine fruchtbare Begegnung hoffentlich bald in Präsenz wiederholen zu können.

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